Der Beginn – Osteopathie in den USA
Als Geburtsjahr der Osteopathie gilt das Jahr 1874. Unzufrieden mit den gängigen Heilmethoden seiner Zeit begab sich der amerikanische Arzt Dr. Andrew Taylor Still (1828 bis 1917), der seine erste Frau sowie drei seiner Kinder durch Krankheit verloren hatte, auf die Suche nach einer alternativen Heilmethode und widmete sich dem Studium der Anatomie und Physiologie des menschlichen Körpers.
Dr. Still hatte während seiner Tätigkeit als Mediziner beobachtet, dass viele Erkrankungen mit einer veränderten Körpermechanik in Zusammenhang stehen. Er stellte fest, dass eine Änderung der Beweglichkeit und Statik des Körpers sowohl die betroffene Gewebestruktur selbst als auch die Funktion der inneren Organe beeinträchtigt. Umgekehrt erkannte er, dass sich z. B. durch das Lösen einer Gelenkblockade nicht nur die lokalen Beschwerden, sondern vor allen Dingen auch Funktionsstörungen in anderen Teilen des Körpers positiv beeinflussen lassen. Diese Beobachtungen führten ihn zu dem Schluss, dass eine Wechselbeziehung zwischen Struktur und Funktion des Körpers besteht und er entwickelte das Konzept der Osteopathie, nach dem sich eine Funktionsstörung des Organismus z. B. über das Knochengerüst, also die eigentliche Ursache des Leidens, behandeln lässt. Ist das Ursprungsproblem festgestellt und korrigiert, können die Selbstheilungskräfte des Menschen wirken und das Körpergleichgewicht kann wieder hergestellt werden.
Mit seiner osteopathischen Therapiemethode erreichte Still zum Teil so spektakuläre Heilerfolge, dass seine Patienten bald von weit her anreisten, um sich von ihm behandeln zu lassen. Dr. Still praktizierte in Kirksville im Bundesstaat Missouri - zunächst in einer kleinen Praxis, später in seiner eigenen Klinik. Hier gründete er auch im Jahre 1892 die erste amerikanische Schule für Osteopathie.
Als Still im Jahre 1917 im Alter von 89 Jahren starb, hatte die osteopathische Methode inzwischen zahlreiche Anhänger, die landesweit weitere osteopathische Praxen und Schulen gründeten. Es dauerte allerdings Jahrzehnte, bis die neue Heilmethode seitens des Staates anerkannt und in das medizinische Versorgungssystem integriert wurde (1967 bis 1973). Mittlerweile gibt es in den USA 19 Universitäten, an denen Osteopathen ausgebildet werden. Die Ausbildung ist auch in Australien und Neuseeland anerkannt. In den meisten Bundesstaaten sind Osteopathen (D.O. für Doctor of Osteopathy) den Ärzten (M.D. für Medical Doctor) in ihren Befugnissen gleichgestellt.
Osteopathie in Europa
Im Jahre 1917 gründete in England ein Schüler von Dr. Still, John Martin Littlejohn D. O. (1865 bis 1947), mit der British School of Osteopathy die erste europäische Schule für Osteopathie. Seit 1994 ist die Osteopathie in England offiziell anerkannt. Die Ausbildung zum Diplom-Osteopathen (D.O.) gilt dort als vollständige Berufsausbildung und endet mit einem Universitätsabschluss.
In vielen anderen Ländern Europas, insbesondere in Frankreich und Belgien, hat die Osteopathie mittlerweile einen festen Platz im jeweiligen Gesundheitssystem; in Belgien steht die Osteopathie kurz vor der offiziellen Anerkennung.
Auch in Deutschland etabliert sich die Osteopathie langsam. Einen gesetzlich geregelten Ausbildungsgang zur Qualitätssicherung gibt es hier allerdings noch nicht. Nur wenige Schulen bieten derzeit die mindestens fünfjährige international anerkannte, qualifizierte Ausbildung nach den Richtlinien des 1995 gegründeten Berufsverbandes Verband der Osteopathen Deutschlands e.V. (VOD) an.
Um ein möglichst hohes Qualitätsniveau der Osteopathie zu sichern, gibt es seit einigen Jahren Bestrebungen, die Osteopathieausbildungen und die berufliche Tätigkeit des Osteopathen auch europaweit zu standardisieren.
Folgende Kriterien gelten als sicheres Qualitätsmerkmal:
- Empfehlungsliste des VOD
- Titel D.O. (Diplom-Osteopath)
- Titel M.R.O. (Mitglied im Register der Osteopathen Deutschlands (ROD)
<< Zurück zu Was ist Osteopathie | Weiter zu Richtungen der Osteopathie >>