Neuraltherapie

Die Neuraltherapie - heute auch therapeutische Lokalanästhesie (TLA) genannt - ist eine ganzheitlich orientierte Form der Regulationstherapie. Sie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von den Brüdern Huneke begründet und dient der Ausschaltung von Störfeldern und ihrer Fernwirkungen.

Die Brüder Huneke haben entdeckt, dass Lokalanästhetika nicht nur zu anästhisierenden, sondern auch zu therapeutischen Zwecken einzusetzen sind, führte doch die Injektion von Lokalanästhetika zuweilen in weit entfernten Körperarealen zur Linderung bzw. Heilung von Beschwerden. Das erste so genannte Sekundenphänomens, zu dem es 1940 kam, brachte ganz neue Erkenntnisse für die Medizin: nach der  Anästhesie einer Osteomyelitisnarbe am rechten Unterschenkel war plötzlich - von einer Sekunde auf die andere - ein jahrelanges sehr schmerzhaftes Schultergelenkleiden verschwunden. Durch Erforschung dieses Wirkmechanismus gelangte man zu der Erkenntnis, dass therapieresistente chronische und degenerative Beschwerden in der Regel durch ein fern liegendes Störfeldgeschehen verursacht und in Gang gehalten werden. Dabei kann jedes Geschehen, das die Steuerungs- und  Regulationsvorgänge des Körpers behindert - insbesondere die Ausregulierung von die Ordnung störenden Reizen - ein Störfeld sein. Störfelder sind z. B. sehr häufige im Zahn-Kieferbereich, an den Mandeln oder in Narbengebieten zu finden.


Wirkungsweise

Die Neuraltherapie nimmt über das vegetative und willkürliche Nervensystem regulierenden Einfluss auf gestörte Funktionen des Organismus mit dem Ziel, das die Regelkreise chronisch belastende Störfeld auszuschalten, um entgleiste Regelvorgänge zu normalisieren. Durch die gezielte Injektion von Lokalanästhetika wird die lokale Regulationsstarre unterbrochen und es wird die vegetative, motorische und sensible Reizleitung wieder hergestellt. So bekommt das die Krankheit unterhaltende Störfeld wieder Anschluss an die übergeordneten Regelkreise des Organismus, wodurch Heilung möglich wird. Die Unterspritzung einer alten Pockenimpfnarbe mit einem Lokalanästhetika kann z. B. eine therapieresistente Migräne für lange Zeit oder sogar endgültig beseitigen, wenn die Narbe tatsächlich Störfeldcharakter hatte.


Indikationen

Je nach Beschwerdebild kommt es zu unterschiedlichen Anwendungsformen der Neuraltherapie. Bei rein funktionellen Störungen kann sie primär ohne weitere Zusatzmedikation zur Anwendung kommen, bei Vorliegen von Pathomorphologien jedoch nur als Begleittherapie.

  • Akute und chronische Beschwerden des Bewegungsapparates (Ischialgien, Lumbalgien, Kniebeschwerden, Gelenkbeschwerden etc.)
  • Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises
  • Neuralgien
  • Durchblutungsstörungen
  • Kopfschmerzen, Migräne
  • Asthma
  • Allergien
  • Menstruationsbeschwerden 

 

Kontraindikationen

  • Allergien gegen das Lokalanästhetikum (z. B. Procain, Lidocain oder Impletol)
  • Gerinnungsstörungen
  • Infektionskrankheiten
  • Autoimmunerkrankungen
  • Reizleitungsstörungen (AV-Block, Myasthenia gravis pseudoparalytica etc.)
     

Literatur

  • Dosch, P.: Lehrbuch der Neuraltherapie nach Huneke. 14. Aufl., Haug, Heidelberg 1995.
  • Badtke, G., Mudra, I.: Neuraltherapie. 2. Aufl., Ullstein Mosby, Wiesbaden 1998.